Kolja Kohlhoff
Ein Tisch ist ein Tisch …

Ein Tisch ist ein Tisch und ein Sockel ist ein Sockel, mehr beide hingegen sind Ablagen. Um den einen versammelt man sich, auf dem anderen werden Objekte präsentiert. Nataly Hockes Tisch ist kein Ort der Versammlung mit seiner Höhe von 1,50 cm, eher ein Ort der Sammlung. Läge die Platte schräg, könnte er als Lesepult genutzt werden, so aber entzieht er sich auch dieser Funktion. Die filigrane Konstruktion des Brückenmöbels, die aus einer Kieferplatte und dem Gestänge eines Faltbootes entstanden ist, erinnert so mehr an den Sockel einer Vitrine, wie sie häufig in Naturkundemuseen anzutreffen sind, wäre also in diesem Sinne als Ort einer Sammlung zu verstehen. Ohne Haube und vielmehr noch ohne Präsentationsobjekt wird der Sockel zu einer Frage der Präsentation sowie ihrer Formen selbst. Damit aber wird das Objekt, das der Präsentation dient, zum Objekt der Präsentation. Es wäre also ein Objekt des Entzugs, das den Modus des Präsentierens selbst zum Gegenstand macht.
Aber auch in diesem Sinne ist Nataly Hockes „Tisch“ nur marginal ein selbstreferentielles Diskursobjekt zur Funktion des Museums, seiner Möblierung …, vielmehr werden die kombinierten Gegenstände, die ehemals aus einem kunstfernen Kontext stammen, sprechend. Die gekrümmten Tischbeine, die dem Skelett eines Faltbootes entnommen sind, tragen eine Holzplatte, die so aus einem Baumstamm geschnitten ist, dass sein Rückrat sichtbar wird. Die Paddelbootbeine tragen die Platte und präsentieren sie zugleich. In diesem Sinne werden der Ort der Präsentation und das Präsentationsobjekt identisch. Das Rückrat des Baumes wird von den Krummbeinen zur Schau gestellt. So erfährt das Werk einen Animismus, der den Sockel zu etwas anderem werden läßt. Der doppelte Akt der Transformation schafft auf der Funktionsebene eine Identität, und qua Anschauung eine visuelle, animistische Metapher. Aus dem Sockel wird ein Sklett, das dieser eigentlich tragen sollte.
Ein Tisch ist ein Tisch ist ein Tier.
 
<< zurück

Tisch, 1996